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. . Die Rundung, die Fülle, die Fühlbarkeit, das
Spiel gegeneinander stehender oder bewegter Glieder, die
Prägung, die Oberfläche, Stellung, Lage,
Maße, Spannung der Haut des dargestellten Körpers
werden zu Reizen und Werten, die sich in Spiel und Gegenspiel zeigen
und, sich selbst überschattend oder überschneidend,
ein eigentümliches Leben der Plastik im Raum ausmachen, das
dem Bilde fehlt.
Das
Körperliche berührt uns näher und heftiger,
dem eigenen Körperlichen des Beschauers ebenbürtig
oder gar überlegen.
Der
trennende, isolierende, umfriedende Rahmen des auf die Leinwand
gezauberten Bildes fehlt.
Die
plastische Gestalt atmet mit uns dieselbe Luft, die steht in dem
gleichen Licht, kein Dämmer, keine Helle und keine Nacht
umfängt sie, die nicht auch uns umfinge, wir leben
räumlich neben und mit ihr, die in gewaltiger Erstarrung lebt
und in gewaltigerem Leben erstarrt ist, als wir es je
vermöchten.
Während
die Gestalten des Bildes die Luft des Bildes atmen - stürzt
die Plastik im wahrsten Sinne des Wortes leibhaftig auf uns, ein oder
überschauert uns mit der ganzen Unverhülltheit,
Dreistigkeit und Sinnlichkeit des Leiblichen und Leibhaften.
Aber
während sich das plastische Kunstwerk bescheidet, mit uns
unter dem gleichen Himmel und im gleichen Lichte zu stehen,
verklärt es sich zugleich in ihm: kraft seiner
Körperlichkeit . . .
Rudolf
G. Binding Vom Leben der Plastik, Berlin o. J.
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. . Clemens Pasch, der längst seine ganz individuelle, von
einem Hauch feiner Ironie sublimierte Form gefunden hat, modelliert die
Rückenpartie einer hingekauerten „Daphne”. Das
ist von einer Empfindsamkeit, die mehr ist als bloße
Virtuosität. Ein über die Schulter
herabhängender belaubter Zweig ist das steigernde Gegenspiel
zu der köstlich gerundeten Fläche . . .
Robert
d'Hooghe Das Ensemble der Plastiker 21. Ausstellung der Neuen
Darmstädter Sezession Darmstädter Echo, 22. Mai 1979
. . . Wir beginnen
unseren Rundgang, wie sich's gehört, mit einer Verbeugung vor
dem siebzigjährigen Clemens Pasch . . . Seit vielen Jahren
gehören seine großen und kleinen Bronzen zu den
Anziehungspunkten der Sezessionsausstellungen.
Schon
am Eingang zum Freigelände empfängt uns „Die schöne Marie”,
die üppig quellende mit dem breiten Rücken, und freut
sich offensichtlich über ihre in der Tat staunenswerte
Beweglichkeit.Auf dem großen Wiesenrund räkelt sich
wohlig die kleinere und
jüngere Schwester der schönen Marie auf
einem Stuhl kniend und die Arme auf die Lehne gelegt.
In
solchen Figuren . . . läßt Pasch seinen Sinn
für die subtile Komik unbewußt eingenommener
Stellungen einfließen. Das macht das besonders
Liebenswürdige vieler seiner Gestalten aus, doch sollte man
über dem Vergnügen daran nicht ihre
außerordentlichen plastischen Qualitäten
vernachlässigen, die kühne Balance der Massen, das
feine An- und Abschwellen, Ausdehnen und Einziehen der Volumen, die
empfindsamen Mulden und Buckel, der hinreißend schwungvolle
Verlauf einer Linie vom Kopf über Hals, Schultern,
Rücken und Becken bis in die Fersen, und das alles in einem
lebendigen, makellosen Zusammenspiel, in dem es keine schwachen Stellen
gibt . . .
Robert d'Hooghe Plastiken
auf der Ziegelhütte in Darmstadt Darmstädter Echo, 7.
Juni 1980
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